Dem ein oder anderen Leser ist diese Situation vielleicht vertraut: Man versucht, einem couleurstudentisch Unerfahrenen Studentenverbindungen etwas näherzubringen, und bekommt oft Fragen zu hören, wie: “Tragt Ihr auch diese komischen Schärpen?” oder “Tragt Ihr auch diese lustigen bunten Kapperl?” und “Warum habt Ihr so eigenartige Uniformen?” – ja warum eigentlich?
Die Kurzantwort: Ja, weil es eigentlich immer schon so war.
Um nun genau die Quellen und Ursachen für solche Traditionen und den Comment erläutern zu können, müsste man nun tief in die letzten Jahrhunderte der Studentengeschichte eintauchen und um dies zu tun, würde definitiv der Rahmen meines Artikels im Monokel gesprengt werden. Die wesentlich interessantere Frage wäre, wieso wir dies nach all den Jahrhunderten eigentlich immer noch tun? Versucht man Studentenverbindungen nach wenigen Gesichtspunkten zu charakterisieren, würde man auf die Prinzipien wie Wertegemeinschaft, Lebensgemeinschaft und eben auch auf Brauchtumsgemeinschaft kommen. Wie andere Traditionsvereine haben es sich Studentenverbindungen unter anderem auch zur Aufgabe gemacht, couleurstudentische Traditionen zu pflegen, sie zu erhalten und vor allem auch zu leben. Besonders dieser Aspekt hat im 21. Jahrhundert nichts an Bedeutung verloren, meiner Meinung nach hat dieser sogar an Bedeutung gewonnen. Wir alle leben in einer äußerst schnelllebigen Zeit. Das Internet stellt eine schier unerschöpfliche Informationsquelle dar, das Wissen der Menschheit verdoppelt sich mittlerweile alle 2 Jahre, durch die Medizin erhöht sich stetig die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen und laut Prognosen haben Maschinen um 2030 dieselbe “Rechenleistung” wie das menschliche Gehirn. Wir stehen also gerade in Zeiten des Umbruchs. Daher ist es unumgänglich, sich auf seine Wurzeln zurückzubesinnen und eben diese nicht in dem Gewirr aus Fakten, Post- und Pseudofakten aus den Augen zu verlieren.
Die Pflege von Traditionen bei den Corporationen Innsbrucks
So bunt wie das Meer an Corporationen in Innsbruck ist, so bunt fällt auch deren Brauchtumspflege und die Auslegung ihres Comments aus – bei manchen Bünden relativ streng, bei manchen eher lasch und dazwischen gibt es dann zahlreiche Schattierungen. Manche Corporationen stechen auch durch deren besondere Eigenheiten hervor, sei es die AV Austria Innsbruck mit ihrer Prunkfuchsen-Biertonne, sei es die KÖL Ostaricia mit ihren Halbschlägern oder eben unsere KÖL Theresiana. Bemerkenswert ist auch, dass sich vor allem der Comment innerhalb der Innsbrucker Verbindungen teilweise extrem voneinander unterscheidet und von den verschiedensten Einflüssen geprägt ist. Seit jeher waren Studenten eine mobile Gruppe und reisten in Studienzeiten kreuz und quer von einem Studienort zum nächsten und importierten dementsprechend ihre eigene Kultur und eben auch ihre heimischen Studentenbräuche (Ich verweise hier kurz auf den äußerst unterhaltsamen Artikel von Kbr. Philipp Jauernik, BA über fahrende Scholaren). Besonders gut kann man dieses Phänomen immer noch bei Verbindungen beobachten, die eine Vielzahl an Bandburschen und Verkehrsaktiven haben, welche das couleurstudentische Brauchtum beeinflussen. So kann es mitunter vorkommen, dass manche Verbindungen in Innsbruck beispielsweise einen äußerst deutschen oder auch einen schweizerischen Comment pflegen, diese Comments aber so schnell, wie sie gekommen sind, auch wieder verschwinden können. Man sieht, farbstudentische Traditionen sind immer noch, nach all den Jahrhunderten ihres Bestehens, ein höchst dynamisches Phänomen.
Der Comment – eine äußerst theresianische Angelegenheit
Als Fuchs bei meiner Mittelschulverbindung Cimbria Kufstein lernte ich, dass der Comment das theoretische Rüstzeug eines guten Farbstudenten darstellt. Mit anderen Worten könnte man ihn als Regelwerk für alles Farbstudentische bezeichnen. In diesen fallen unter anderem die Farbenlehre oder der Ablauf einer Kneipe. Damals war ich der Überzeugung, dass dieser genauestens zu erlernen und in weiterer Folge einzuhalten ist. Ich möchte aber nun nach einigen Jahren des Aktivseins eine kleine Apposition hinzufügen. Den Comment zu erlernen, ist immer noch eine der obersten Prioritäten in der Fuchsenzeit. Interessant wird es aber erst, wenn man anfängt, mit ihm zu spielen, gewisse Abschnitte des Comments nicht mehr als unumstößliches, in Stein gemeißeltes Gesetz, sondern – und dies soll in keiner Art und Weise abwertend zu sehen sein – ihn mehr als einen Leitfaden zu betrachten. Dabei verhält es sich ähnlich, wie das Erlernen eines Musikinstrumentes. Die Grundlagen sind lehrreich und essentiell – je nach Inhalt mehr oder weniger spannend – interessant wird die Angelegenheit erst, wenn man diese perfektioniert hat und in weiterer Folge im wahrsten Sinne des Wortes damit spielen kann. Besondere Gelegenheiten, um sich commentmäßig auszutoben und sich selbstverständlich den ein oder anderen Spaß zu erlauben stellen vor allem Themenkneipen dar, allen voran möchte ich die berühmt-berüchtigte U-Boot-Kneipe anführen. Dabei geht die Corona mit dem Präsid auf “Feindfahrt” und bei der Inszenierung ebendieser sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. An bestimmte Szenarien lässt sich der Comment auch bestens adaptieren. Wer behauptet denn beispielsweise, dass Kneipen zwingend mit Schlägern oder in unserem Fall mit Säbeln geschlagen werden müssen? Man könnte doch zum Beispiel einfach als Simulation von Kanonenschlägen Kracher verwenden und diese vor jedem Silentium zünden, der Aufmerksamkeit der Corona ist man sich dabei auf alle Fälle gewiss. Die Liste mit Ideen könnte man jetzt natürlich noch lange weiterführen, dies läge aber nicht in meiner Absicht. Das vorherige Beispiel sollte nur als Veranschaulichung für die eigentliche Rolle des Comments als Leitfaden dienen.
Was wären wir ohne unsere studentischen Traditionen?
Da – wie bereits in der Einleitung erwähnt – Verbindungen unter anderem auch Traditionsvereine sind, würde es zwar der Gemeinschaft per se keinen Abbruch tun, studentische Bräuche abzuschaffen.
Sie würde es höchstwahrscheinlich für einen gewissen Zeitraum mehr oder weniger unbeschadet überstehen. Allerdings würde ein äußerst wichtiger Gesichtspunkt unserer Corporationen damit verloren gehen. Traditionen sind auch ein essentieller Teil unserer Identität, sie zeichnen uns schlichtweg als Farbstudenten aus. Vor allem in Zeiten, in denen es modern zu sein scheint, in einem kulturmarxistischen Wahn alle Bräuche regelrecht zu untergraben und einen gesichts-und facettenlosen Einheitsbrei zu schaffen, der zur Orientierungslosigkeit der Gesellschaft führt, sollte es doch selbstverständlich sein, eben diese Identität zu bewahren. Würden wir also aufhören, zu chargieren, zu kneipen und unsere bunten Bänder zu tragen, würden wir dann nicht einen essentiellen Teil unserer Identität als Farbstudenten aufgeben und wären wir dann am Ende nicht ein schlichter Freizeitverein?
Bbr. Karl Buchauer studiert Pharmazie an der Universität Innsbruck.